6. Der Zwerg von Muri

Der Zwerg von Muri

Kleider machen Leute

Sagentext

Oberhalb des Klosterhofes Muri bewirtschafteten Sennen die gros
sen, fetten Weiden des Habsburger Klosters. Oftmals staunten sie, 
wenn vom Klosterturm her das silbern klingende Matutin-Glöck
lein den frühen Morgengruss einläutete und sie ihre Tagesarbeit 
mit der Fütterung der Tiere beginnen wollten, denn im Stall war alles wohl gerüstet. Die Morgenmilch schäumte in den blanken Kübeln, Trichter und Richter hingen fein geputzt an der Wand und der Boden war von Stroh und Heufutter gereinigt. Wer hatte die Früharbeit so meisterlich getan? Diesen willkommenen Helfer wollte man doch kennen lernen und darum stellten die Sennen nächtliche Wachen auf und diese Späher sahen ein kleines Männchen durch das schmale Futterloch in den Stall schlüpfen und in der morgendlichen Stille alle Arbeiten blitzschnell verrichten, um dann flugs zu verschwinden.

Die glücklichen Sennen wollten dem kleinen, armselig gekleideten 
Helfer danken und liessen beim Dorfschneider in der Egg ein hüb
sches, farbiges Wämslein, bunte Hosen und ein Lederkäppchen rüs-
ten und legten die kleidsamen Geschenke vor einen Stallspiegel hin. 
Der Zwerg kam, sah die Gaben, wechselte sein geflicktes Gewand 
und schlüpfte in das neue, köstliche Gewand. Im Spiegel beguckte 
er sich in seiner Pracht und Herrlichkeit und rief voll Entzücken 
aus: «Jetzt bin ich ein Herr, jetzt bin ich kein Senn, kein Knechtlein 
mehr». So jubelte er, verschwand durch das schmale Futterloch und 
ward nie mehr gesehen.

Kunstwerk

Ein bunter Zwerg mit Schlips und Wams steht vor einem übergrossen Spiegel mitten im Wald. Der Besucher kann sich zu diesem intimen Moment dazugesellen und steht plötzlich sich selbst gegenüber. Die glitzernde Figur ist eine plastische Arbeit in armiertem Beton aufgebaut und mit bunten Mosaiken überzogen. Der gebogene Spiegel ist aus Chromstahl und auf einem rostenden und verzierten Rahmen angeschweisst. Auch darf der grosse Rechen nicht fehlen. Die umliegenden Bäume geben trotz Weitsicht ein Gefühl von einem Raum mit Moosteppich.

Künstlerportrait

Silja Coutsicos

Silja Coutsicos
Plastikerin
Aarauerstrasse 45
5012 Schönenwerd

www.siljarte.ch

Kurzbiographie

1960 in Wald-St.Peterszell geboren
1982 pädagogische Ausbildung in Wattwil

Erwachsenenbildnerin SEB

Autorin, Illustratorin

Lehrerin in diversen Kantonen und Schulstufen

Diverse Gruppenausstellungen (Bilder, Mosaike, Skulpturen)

Kunst am Bau- und Mosaikprojekte/ Workshops Lehrerweiterbildung AG

Funkenflugauszeichnung 2007 Kanton Aargau für Kultur an Aargauer Schulen