7. Die drei Angelsachsen

Die drei Angelsachsen

Gelegenheit macht Diebe

Sagentext

Drei fromme Pilger aus dem fernen Land der Angelsachsen beteten einst am 
Grab des von ruchlosen Mördern erschlagenen heiligen Meinrads von Sigmarin
gen im Finstern Walde, wo heute das Kloster Einsiedeln steht. Von der Gnaden
stätte Maria-Einsiedeln zogen sie über den Katzenstrick ins Zugerland und von 
da über die Reuss gegen Muri, wo sie im Habsburger Kloster die Vesper mit den 
Benediktinermönchen sangen. Darauf wollten sie weiter gegen den heimatlichen 
Norden, kauften im Klosterdorf Brot und Speisen und wanderten am gastlichen 
Haus «Zum goldenen Ochsen» vorbei. Da hörten sie frohe, lüpfige Tanzweisen: 
ein junges Liebespaar feierte mit einer großen Gesellschaft das hochzeitliche 
Mahl. Durch das offene Fenster sah die glückliche Braut die fremden Pilger und 
in ihrem grenzenlosen Glück stupfte sie ihren neuen Ehemann und beide luden 
die drei Pilger an den Hochzeitstisch zu Speise und Trank.

Als es langsam Abend wurde, brach die frohe Hochzeitsgesellschaft auf und die 
Angelsachsen zogen mit, denn das Heimwesen der Brautleute lag im Büelisacher, 
und der Weg der Pilger führte auch dort vorbei. Im Büelisacher wollte man die 
drei Fremdlinge über die Nacht beherbergen, sie aber beharrten auf ihrem Wei
tergehen und verabschiedeten sich von der gastlichen Gesellschaft. Einer der drei 
Angelsachsen schenkte der glückstrahlenden Braut ein Goldstücklein. Die 
kleine Dankesgeste sah leider ein beutelüsterner Bursche, der sich unter die Hoch
zeitsgesellschaft gemischt hatte, und er erzählte davon zwei andern Gesellen. Das 
kleine Goldstücklein lockte zu einem reichen, nächtlichen Beutegang.

Als die drei Pilger betend durch den nächtlich dunklen Tann schritten, brachen 
aus wildem Weggestrüpp drei rohe Burschen, die auf reiche Goldbeute hofften, 
mit ihren scharfen Schwertern den Pilgern die Köpfe abschlugen und diese ins 
Gestrüpp warfen. Beim Plündern der toten Leiber fanden die Mordgesellen aber 
kein Gold, sie gerieten in Wut, und als von einer Tanne ein aufgeschreckter Uhu 
sein Geschrei anhub, stoben sie unter brüllendem Fluchen davon. Aber da erho
ben sich die drei Angelsachsen, holten ihre abgeschlagenen Häupter und wuschen 
sie an einer kleinen Waldquelle am Weg. Seither fliesst dort rötliches Wasser aus 
dem kleinen Weidbrünnlein und die Ackererde nahm eine rote Färbung an. 
Mancher Hilfesuchende fand später Heilung an diesem Waldquell.

Die drei Angelsachsen schritten weiter und als ein schwarzes Gewitter aufzog 
und prasselnder Regen fiel, suchten sie unter einem großen Stein am Waldweg 
Schirm und Schutz. Der Stein wuchs als Schutzdach über die drei Männer. 
So fand ein des Wegs kommender Bettler die drei Toten, welche ihre blutigen 
Häupter in den erstarrten Händen hielten. Voll Schreck meldete er den grausigen 
Fund in Sarmenstorf. Priester und viel Volk eilten zum Waldfelsen und bargen 
die drei Leichen in der nahen Wendelinskapelle, wo sie ihnen eine Ruhestätte 
rüsteten und den Schutzfelsen später ob dem Grab in der Kapelle aufstellten. 
Das Angelsachsengrab wurde eine Pilgerstätte und im Pilgerlied hieß es: «Gleich 
wie ein Dach hatt‘ Schatten gmacht der Stein und hat Schirm gegeben.»

Für die letzte Ruhestätte soll man den alten Steinsarg aus dem Schloss Hallwil ge-
holt haben, in dem einst Hans von Hallwyl, der Führer von Murten geruht habe, 
denn es wird behauptet, dass man auf dem Grabstein undeutlich lesen konnte: „In 
diesem Stein ist ihre Ruh, man wollt‘s gar wohl bewahren. Alt-Hallwil gab den 
Stein dazu vor mehr als hundert Jahren.“ Als die Pilgerschar größer wurde, hat 
man dann die sterblichen Überreste der drei Angelsachsen in der Pfarrkirche be-
stattet. Da die drei Pilger aus dem Angelsachsenland auf ihrer Todeswanderung 
von einem Gewitter überrascht worden waren, gelten sie als Wetterheilige und es 
hiess von ihrem Todestag, dem 8. Jänner, im Volksmund: «Wenn d‘ Angelsachse 
am Fäschttag ihr Grab nid chönd sunne, so chamer a de Erndt au d‘ Garbe nid 
ganz sunne».

Kunstwerk

Die drei Angelsachsen halten ihre Köpfe in den Händen und sind alle rund 4 Meter hoch. Die urwüchsige Form der Robinienstämme gibt jeder Figur die langgezogene Körperhaltung. Mit der Kettensäge wurden die ganzen Figuren grosszügig herausgearbeitet und zum Schluss einheitlich geflammt und gebürstet.

Der Standplatz dieser schmalen, hohen und verbrannten Gestalten ist bewusst eng gewählt. Es benötigt etwas Überwindung um in ihre Mitte zu gehen. Der Betrachter erhält auch den Eindruck, die Robinien seien genau hier gewachsen. Die abgetrennten Köpfe haben etwas Entrücktes, und doch geben wir im Spiel mit der schmalen Form Leben in diese drei Körper.

Künstlerportrait

Samuel Ernst

Samuel Ernst
Bildhauer
Baslerstrasse 32
5200 Brugg

www.samuelernst.ch

Kurzbiographie

1965 geboren in Zürich, aufgewachsen in Baden/Wettingen
1986 Matura in Baden
1986 – 1987 Universität Zürich (Phil 1)

Autodidaktische Ausbildung in Malerei und Bildhauerei
1994 Mitwirkung „Zyklorama“ (Spiel für kulturresistente Güter)
1995 – 1996 Kunststipendium des AKB, Baden
seit 1996 Teilnahmen an Gruppen- und Einzelausstellungen, Symposien im In- und Ausland
seit 2006 lebt und arbeitet im Mittelland, im Tessin und in Italien